Borderline-Persönlichkeitsstörung BPS und Verhaltensstörung nach ICD.10 V. F.:60
So wie der Autor beschrieben hat zeigen die Persönlichkeitsstörung BPS – Verhaltensstörungen In einer schweren Störung des persönlichen und sozialen-verhaltens der betroffenen.
Diese Störung entsteht in der frühkindlichen Phase oder in der Adoleszenz und besteht während des Erwachsenenlebens weiter. Die Ursachen sind nicht direkt auf eine Hirnschädigung oder eine psychiatrische Störung zurückzuführen, sondern viel mehr auf einen strukturellen Mangel der Erziehung. Rohde et al. führen den Verlust von Urliebe und Urvertrauen, sowie Missbrauch und Misshandlung des Kindes als Gründe für die Entstehung dieser Störung (Andrawis A, 2018).
Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen finden sich bei Dilling et al. (2011) unter der Klassifizierung F60 – F69:
– paranoide Persönlichkeitsstörung F60.0,
– dissoziale Persönlichkeitsstörung F60.2,
– emotional instabile F60.3,
– impulsiver Typ F60.30,
– schizoide Persönlichkeitsstörung F60.1,
– Bordeline-Typ F60.31,
– histrionische Persönlichkeitsstörung F60.4,
– ängstliche (vermeidende) Persönlichkeitsstörung F60.6,
– anankastische (zwanghafte) Persönlichkeitsstörung F60.5,
– abhängige(asthenische) Persönlichkeitsstörung F60.7,
– andere spezifische Persönlichkeitsstörungen F60.8,
– weitere narzisstische Persönlichkeitsstörung F60.80,
– passiv-aggressive Persönlichkeitsstörung F60.81,
sonstige andere spezifische Persönlichkeitsstörungen F60.88 und so weiter. (Möller et al. 2005)
Hier beschränkt sich der Autor auf F60.31 „Borderline-Typ“ als häufigste Erscheinungsform einer Persönlichkeitsstörung (Andrawis A, 2018).
Borderline-Typ Pathologie und Psychoanalyse
Wie Rohde-Dachser (2006) beschrieben hat, liegt die Geschichte von Borderline-Typ in der Psychiatrie weit zurück. Das erste Mal wurde sie im Jahr 1925 von Aichhorn bei einer Gruppe seiner Patienten praktiziert, wo er herausfand, dass seine Patienten an einem Mangel von Impulskontrolle litten. Im Jahr 1938 wurde durch Stern Borderline als Diagnose erwähnt, um Patienten dieses Patiententyps von psychotischen Patienten zu unterscheiden.
Wie bereits erwähnt, hatte Stern Merkmale der Patienten beschrieben, die Kernberg (2008) später übernommen hatte und in seinen Arbeiten zur Ich-Pathologie von Borderline veröffentlichte. Aus analytischer Sicht gibt es bei Patienten die Tendenz zur Idealisierung der Objekt- Beziehung (Kind-Mutter-Beziehung) und gleichzeitig von Idealisierung zu Entwertung zu wechseln. Hierbei spricht man von einem ambivalenten Zustand. Grinker et al. beschreibt in seinen beschriebenen empirischen Kriterien von Borderline-Patienten eine Unterteilung von vier Charaktertypen (Rohde- Dachser 2006):
Untergruppen der Charakterisierung
1.) anakastische Bezeichnungen
2.) Wutanfälle
3.) mangelnde Ich-Identität
4.) Depression durch Einsamkeit
So entwickelte Kernberg gleichzeitig Theorien über die Borderline-Typ Persönlichkeits-Organisation, in der er Phänomene der Psychodynamik fand, wobei unter den Patienten Ich-Pathologie nachgewiesen wurde, die auf primitive Abwehrmechanismen der frühkindlichen Erlebnisse von Traumata zurückführbar sind und sich hinsichtlich projektiver Identifizierung, (Andrawis A, 2018)
Spaltung und Verleugnung gezeigt haben. Ursprünglich tritt eine Pathologie der Objektbeziehung und des Über-Ichs auf, die durch mangelnde Angsttoleranz, Impulskontrolle, sowie mangelnde Sublimierungsfähigkeit als Ich-Schwäche zu bezeichnen ist (ebd.).
Zurückzuführen ist diese frühe Störung einerseits auf die Beziehung zwischen Mutter und Kind, in der das Urvertrauen und die Urliebe verletzt wurden und andererseits auf frühkindliche, traumatische Erlebnisse. Hier spielen die psychosozialen Komponenten eine Rolle, darunter Wohnungsnot, Arbeitslosigkeit, Armut, Alkoholismus, Trennung, Scheidung der Eltern und Gewalt in der Familie. Auch der Vater ist in Zusammenhang mit Autorität, Abwesenheit und dem Verhältnis zur Familie involviert. Des Weiteren ist die Beziehung der Eltern in ihrem Zusammenleben, innerhalb der Konfliktbewältigung, sowie eine geschwisterliche Beziehung, frei von Rivalität, in Akzeptanz und Wertschätzung wichtig. Es muss nicht zwingend zu einer Traumatisierung des Kindes gekommen sein, hierbei kann es sich auch um Epidemiologie handeln, welche zu symbiotischer Bindung führen kann (ebd.).
Exakte Diagnose nach DSM-III-R-Kriterien
Für eine exakte Diagnose des Borderline-Typs müssen 5 der folgenden 8 Kriterien gegeben sein.
- Impulsivität in mindestens 2 Bereichen, in denen man aktiv selbstschädigend wirkt. Z.B.: Sexualität, Geldausgeben, Ladendiebstahl, Substanzen missbrauch, Rücksichtslosigkeit bei zwischenmenschlichen Beziehungen und Fressanfälle.
- Das Aufweisen eines bestimmten Musters von Instabilität, das sich auch auf zwischenmenschliche Beziehungen auswirkt und sich durch ein Abwechseln zwischen Abwertung und Überidealisierung zeigt.
- Übermäßige Wut oder Unfähigkeit diese Wut kontrollieren zu können, z.B. Wutausbrüche, andauernde Wut bzw. Prügeleien (Möller et al. 2005).
- 4. Instabilität in Form von Stimmungsänderungen, von normaler Stimmung zur Depression, Angst oder Reizbarkeit, wobei diese Stimmungslage einige Stunden bis zu einigen Tagen anhalten kann.
- Identitätsstörung, die andauernd ausgeprägt ist und sich in einer Unsicherheit in mindestens zwe der folgenden Lebensbereiche manifestiert: Eigenbild, sexuelle Orientierung, längerfristige Ziele, Berufswunsch, Wahl der Freunde oder Partner, persönliche Wertvorstellungen.
- Suizidversuche, Selbstverstümmelung und wiederholte suizidale Drohungen.
- Langeweile und chronisches Gefühl der Leere.
- Verzweifeltes Bemühen, imaginäres Alleinsein oder reales Alleinsein zu verhindern (Kernberg 1998).
Diagnose-Kriterien nach ICD10 F internationale Klassifikation psychischer Störungen:
– Vorhandensein emotionaler Instabilität des eigenen Selbstbilds, der inneren Präferenz, einschließlich unklarer und gestörter Sexualität
– chronisches Gefühl innerer Leere
– Neigung zu intensiven, aber unbeständigen Beziehungen, die zu Wiederholung emotionaler Krisen führen können, einschließlich übermäßiger Bemühung, nicht verlassen zu werden. Zudem Selbstschädigung und Suizid Drohung, die auch ohne Grund und ohne Auslöser auftreten kann (Dilling et al. 2011). Die DSM-III-R-Kriterien der Borderline-Persönlichkeitsstörung können mit anderen schweren Persönlichkeitsstörungen, insbesondere der schizotypischen, histrionischen, antisozialen und narzisstischen Persönlichkeitsstörung überlappen (Andrawis A, 2018).
Drei Kriterien für die Diagnose der Borderline-Typ Störung
Kernberg (2008) führte folgende drei Kriterien für die Borderline Störung an:
- Niveau der Abwehroperationen
- Identitätsdiffusion (mangelnde Integration)
III. Fähigkeit zur Realitätsprüfung
Im Gegensatz zu der neurotischen Persönlichkeitsstörung, bei der sich die Abwehrorganisation um Verdrängung und andere reife Abwehrmechanismen zentriert, stellen bei Patienten mit Borderline Störung oder psychotischem Organisationsniveau, primitive Mechanismen der Spaltung die zentrale Abwehrform dar (Kernberg 1998). Spaltung und andere Mechanismen wie z.B. projektive Identifizierung, primitive Idealisierung, bzw. Entwertung, Verleugnung, omnipotente Kontrolle (Kontrolleifer) und Entwertung treten dabei in Wechselwirkung auf. Dies geschieht, um das eigene Ich vor Konflikten zu schützen und zeigt sich in widersprüchlichen Erfahrungen des Selbst, wobei die Abwehrmechanismen versuchen, (Andrawis A, 2018).
widersprüchliche Bedeutungen voneinander getrennt zu halten. Somit kann man von einer Spaltung durch diese Abwehrmechanismen sprechen.
Diese Merkmale zeigen sich auch in der Patienteninteraktion. Die Spaltung führt zu einer Teilung der äußeren Objekte und des Selbst in „absolut Böse“ und „absolut Gut“. Dies bedeutet, dass man bei Übertragungen in Form der Projektion, Personen wahllos in gut oder böse einteilt (ebd.).
Primitive Idealisierung
Sie zeigt sich beispielsweise durch Übersteigerung äußerer Objekte als „gut“. Gute Eigenschaften beim anderen werden krankhaft übertrieben dargestellt. Dies kann so weit gehen, dass Patienten menschliche Fehler nicht wahrhaben wollen. Wenn eine Person von einem Patienten überidealisiert wird, dann darf sie keine Fehler aufweisen. Der Patient glaubt, dass die idealisierte Person vollkommen ist. Das Gegenteil der Über-Idealisierung ist die absolute Entwertung. Auch wird der andere als gefährlich und verfolgend wahrgenommen. Frühe Formen der Projektion und projektiver Identifizierung unterscheiden sich von reifen Formen der Projektion durch Zuweisung eines Impulses an einen anderen. Das ist ein Hinweis auf frühe Verdrängungen. Wie Kernberg beschrieben hat, ist die projektive Identifizierung durch 3 Schritte charakterisiert:
- Angst vor anderen Personen, die scheinbar durch projizierte Impulse charakterisiert ist.
- Das Bedürfnis dieser Person (den Therapeuten) zu kontrollieren. Ziel ist, ein bestimmtes Verhalten zu provozieren, dass die Projektion des Patienten dann scheinbar bestätigt. Dies passiert aufgrund des Ich-Strukturmangels. Im Zentrum stehen die Abwehrmechanismen der Verdrängungen. Das beruht auf projektiver Identifizierung, die sich durch Spaltung oder primitive Handlungen zeigt (ebd.).
- Die Tendenz, einen Impuls bei sich selbst zu finden, während dieser gleichzeitig auf den anderen projiziert wird (ebd.).
Fähigkeit zur Realitätsprüfung
Sowohl bei Borderline-Persönlichkeitsstörung, als auch bei neurotischen Persönlichkeitsstörungen bleibt die Fähigkeit zur Realitätsprüfung erhalten. Im Gegensatz dazu ist dies bei der psychotischen Persönlichkeits-Organisation nicht der Fall. Die Realitätsprüfung kann man als „Nicht-Selbst“ vom Selbst trennen. Die intrapsychischen Wahrnehmungen und Reize, die ursprünglich zur Unterscheidung eigener Affekte gedacht waren, sind intensiviert, sodass soziale Normen nicht eingehalten werden können. Dieser Verlust der Fähigkeit muss geheilt werden, um zur Realität zurückfinden zu können: Dem Patient, dem die Dinge als fremdartig erscheinen, muss die Realität bewusst gemacht werden.
„Die Borderline Persönlichkeits-Organisation manifestiert sich auch in sekundären Strukturmerkmalen, wie unspezifischen Zeichen von Ich- Schwäche (Mangel an Impuls-kontrolle, fehlende Angsttoleranz und mangelhaft entwickelte Fähigkeit zu Sublimierung), von Über-Ich Pathologie (infantile, unreife Wertsysteme, widersprüchliche innere moralische Forderungen oder sogar antisoziale Züge.)“ (Andrawis A, 2018). Sekundäre Strukturmerkmale beruhen auf dem pathologischen Befund. Die Diagnose beruht auf den Kriterien der Abwehroperationen, Identitätsdiffusion und Realitätsprüfung.
Identitätsdiffusion und mangelnde Integration
Der Mangel an Integration wird als Identitätsdiffusion definiert und gleichzeitig als Konzept des Objekts verstanden. Das bedeutet, dass das subjektiv Erlebte von innerer Leere, widersprüchlicher Wahrnehmungen und widersprüchlichem Verhalten geprägt ist. Die widersprüchlichen Wahrnehmungen der anderen, wie auch sich selbst, zeigen sich in Unfähigkeit zwischenmenschliche Beziehungen leben zu können. Ebenfalls sprach ein Betroffener in einem Kurzinterview über die Schwierigkeit, sich mit dem Partner über eine Sachlage realistisch und ordnungsgemäß austauschen zu können.
Praktische Anwendungen für den Borderline-Typ
Die individuellen, pathologischen Bilder während des therapeutischen Prozesses zeigen hypomanische Persönlichkeitsstörungen (psychosomatische Störungen), die in allen Fällen zu sozialen Persönlichkeitsstörungen gezählt werden.
Kernberg geht davon aus, dass Borderline-Störungen in der Kindheit aufgrund von körperlicher Misshandlung oder sexuellem Missbrauch entstehen. Für Herman et. al (1989) kann die Diagnose der Betroffenen durch jene der schweren posttraumatischen Belastungsstörung ersetzt werden, weil keine definitive Diagnose für Borderline festgelegt werden kann. Sexueller Missbrauch taucht stets in Verbindung mit Persönlichkeitsstörungen auf.
Konzepte der Behandlung
Die expressive Psychotherapie beruht auf einem psychodynamischen Modell und soll die Fähigkeit des Patienten steigern, sich selbst und andere als kohärente (zusammenhängende), integrierte und realistisch wahrgenommene Individuen zu erleben. Der Patient soll lernen, seine Impulse zu kontrollieren, Ängste zu tolerieren, Affekte zu regulieren, Triebwünsche zu sublimieren und Intimität und Liebe zu erleben. Das passiert auf einem psychoanalytisch-expressiven Psychotherapie-Modell.
Voraussetzungen für die Therapie sind Übertragungsphänomene, Widerstandsformen, Abwehrmechanismen und Deutungstechniken. Diese Therapieform fordert einige Modifikationen (Umwandlung therapeutischer Techniken und Technische Neutralität) und setzt sie mit anerkannten Grundsätzen psychoanalytischer Behandlung in Verbindung. Bei allen Psychotherapie Formen, die unspezifische Aspekte enthalten, spielt Kontinuität, sowie Zuverlässigkeit, Akzeptanz, Wertschätzung und Authentizität, sowie eine gesunde Kommunikation zu Empathie hin, eine wichtige Rolle. Wichtig in der Therapie sind Konsequenz und Disziplin (Andrawis A, 2018).
Gegenstand, Behandlungsmethoden und Ziele
Wie Kernberg in Bezug auf expressive Psychotherapie für Borderline-Psychopathologie beschrieben hat, soll die Fähigkeit des Verständnisses und der Empathie für die eigene Person und sich selbst, im Betroffenen gesteigert werden. Kohärente (zusammenhängende), integrierte Zusammenhänge sollen wahrgenommen und individuell umgesetzt werden. Wichtig ist, dass gleichzeitig auf die Reduktion von Abwehrmechanismen geachtet wird laut Andrawis (2018), während die Ich- Struktur durch Verringerung der Reaktionsmöglichkeiten geschwächt wird. Die Fähigkeit zur Entwicklung des Patienten geschieht durch Kontrolle seiner eigenen Impulse, die Regulation seiner Affekte, die Möglichkeit Angst zu tolerieren und seine Triebwünsche sublimieren zu können bei gleichzeitiger Entwicklung der stabilen und befriedigenden interpersonellen Beziehungen, um Liebe und Intimität erleben zu können (ebd.). Diese Ziele können durch Erkennen und Klärung der abgespaltenen Anteile der inneren Objektwelt des Betroffenen erreicht werden. Durch die Übertragung auf den Therapeuten wird diese Spaltung sichtbar gemacht. Jede Übertragungsdisposition bedeutet Selbstvorstellung des Patienten durch die Rekonstruierung der Objektvorstellung und des affektiven Zustands und verbindet daher Selbstvorstellung und Objektvorstellung miteinander. Laut Autor bemüht sich der Patient bei dieser Objektvorstellung um Unterdrückung und Vermeidung seiner inneren Konflikte durch Interaktion der primitiven Übertragung. Die Therapieempfehlung für Borderline-Patienten ist diese Übertragung zu verstehen und die Deutung anzunehmen, anstatt dem gegenwärtigen Bedürfnis nach Vermeidung und Unterdrückung nachzugehen.
Die Deutung von Spannungsanteilen psychischer Erlebnisse des Betroffenen soll dem Patienten mitgeteilt werden. Durch Deutung und Klärung der gespaltenen Elemente, bewegen sich (gespaltene) Selbstrepräsentanzen langsam in Richtung vollständiger Selbstrepräsentanz, durch Erfassung des Bildverständnisses aggressiver und libidinöser Tendenzen. Daraus resultiert die differenzierte realistische Sicht des Selbst der Objektwelt. So entwickeln sich Selbst- und Objektwelt, sowie die Erkennung der inneren Affektzustände. Die integrierten Objektrepräsentanzen spiegeln eine realistische elterliche Bildvorstellung und die Integration mit ihnen, aus den früheren Kindheitserlebnissen wieder, so dass der Borderline-Patient in der Lage ist, seine Vergangenheit realistisch akzeptieren zu können (ebd.).
Baustein hin zum Behandlungsziel
Die Gegenwärtigkeit und Wertschätzung gegenüber dem Therapeuten, sowie allen anderen Personen ist sehr wichtig und kann als große Hilfe für Interaktionen unter den Menschen, sowie für die ganze Therapie gesehen werden, um die beiden integrierten Anteile des Patienten, der Objektrepräsentanzen mit sich selbst zusammenzuführen. Durch Spaltung und internalisierte Objektbeziehungen, sowie Charakterzüge der Spaltung, die sich in Aggression und Liebe äußern, entstehen Überidealisierung und Entwertung. Die Integrationen werden wiederum durch die Analyse der Abwehroperationen, die diese Abspaltung aufrechterhalten, verbessert. Wichtig bei diesen Patienten ist das Erkennen primitiver, gespaltener Ich-Zustände und ihrer Integration durch Auflösung von Abwehroperationen, die abgespalten voneinander existieren. Dies geschieht mit Hilfe von Integrationstechniken (ebd.).
Technische Neutralität
Psychoanalytische Psychotherapie beinhaltet das offene Gespräch zwischen Therapeut und Patient. Die Anweisung des Patienten zur offenen Aussprache gehört zur Standardregel freier Assoziation. Die Intervalle der Therapien finden normalerweise zwei bis dreimal pro Woche statt. Expressive Psychotherapie, die als Grundtechnik der Psychoanalyse angesehen wird, gleicht ihr in Rekonstruktion der Biografie und deren Verknüpfung mit der Psychodynamik des Patienten und die daraus resultierende Deutung und Therapie. Beide Behandlungsansätze weisen Übertragungsanalyse, sowie technische Neutralität, wobei diese in expressiver Psychotherapie auch zeitweise aufgehoben werden kann und daraufhin durch Deutungstechnik erneuert werden muss. Für langfristige therapeutische Ziele muss die Überwachung der äußeren Realität in Betracht gezogen werden (ebd.).
Bei Formen der suppurativen Psychotherapie, die auch als unterstützende Therapien bezeichnet werden können, wird das „In-sich-gehen“ des Patienten durch den Therapeuten unterstützt, um ein positives Miteinander in der Anfangsphase der Therapie, in welcher Unterstützung des Patienten besonders wichtig ist, gewährleisten zu können. In dieser Phase sollten Konfrontationstherapien vermieden werden. Der Deutungsprozess orientiert sich am „Hier und Jetzt“, dem „Dort und Damals“. Die Hauptstrategie unterstützender Psychotherapie ist kognitive und affektive Unterstützung, wobei der Therapeut eher lenkt, als analysieren sollte, wobei in die Lebensumstände des Patienten erst in späteren Phasen der Therapie eingegriffen wird. Aufgabe des Therapeuten ist, die Übertragungsphänomene des Patienten durch Objektaffekte, zur Gegenwart und Realität zu führen. Technische Neutralität kann hierbei leicht aufgegeben werden und muss nicht notwendigerweise wiederhergestellt werden.
Expressive Psychotherapie
Bei Borderline Patienten wird diese Methode wegen des Behandlungsprozessverlaufs „Hier und Jetzt“ anhand von Rekonstruierung der biografischen Anamnese des Patienten nur in fortgeschrittenen Therapien durchgeführt. In der Psychoanalyse hingegen wird die Rekonstruierung der biografischen Anamnese durch Deutung und Verknüpfung auf das Gegenwartsgeschehen übertragen. Die Analyse der Übertragung wird im Vergleich zur Psychoanalyse in Bezug auf die gegenwärtige Lebenssituation des Patienten überdacht, damit therapeutische Ziele nicht in Gefahr geraten und der Patient seine Schwierigkeiten auch bewältigen kann. Kernberg weist auf die Gefahr hin, dass Patienten Isolierung dissoziierend (trennend) benutzen, um den Belastungen des Alltags zu entgehen (ebd.). Ein weiterer Unterschied zur Psychoanalyse besteht darin, dass der Schweregrad des Ausagierens des Borderline-Patienten den Therapeuten häufig dazu zwingt, die Haltung der technischen Neutralität zu verlassen. Sie muss aber wiederhergestellt werden, sobald die für die Behandlung bedrohliche Situation, die diese Abweichung erforderlich machte, nicht mehr existiert (ebd).
Stützende Psychotherapie
Im Gegensatz zur expressiven Psychotherapie von Borderline- Patienten können bei diesem Ansatz z.B. Worte der Ermutigung, Lob, Überredung, Interventionen und das Umfeld des Patienten frei benutzt werden, um Hilfestellungen zu vermitteln. Bei Notwendigkeit können auch zusätzliche Therapiemethoden zugelassen werden, wobei dies nicht immer der Fall sein muss. Bei der Umsetzung der Therapie wird auf die Übertragung erzieherisch, mithilfe leichter Konfrontation, zwecks Verminderung der Übertragung, durch Hinweis auf den unangemessenen Verhaltenszustand Bezug genommen.
Das stützende Psychotherapie-Modell beinhaltet Konfrontation, Klärung, jedoch keine Deutung. Im Gegensatz dazu wird in der expressiven Psychotherapie der direkte Ausdruck affektiver/emotioneller und kognitiver/verstandesmäßiger Unterstützung, wie auch ein Eingreifen in die Lebensumstände, vermieden. Erfahrene Therapeuten sind in der Lage die Rahmenbedingungen direkt in ihrer Arbeit anzuwenden (ebd.).
Behandlungsmethode
Die expressive Psychotherapie hat das Konzept einer stabilen, pathologischen, intra-psychischen Struktur zur Behandlung der Borderline Störung. Diese Technik in der Psychoanalyse ist spezialisiert auf die Behandlung pathologischer Zustände dieser Störung. Aus psychoanalytischer Sicht stellt sich das Freud´sche Modell als differenziertes, dreigeteiltes System “ICH, ÜBER-ICH und ES “ dar. Diese drei Komponenten stehen im Konflikt zueinander. Der strukturellen Organisation klassischer Charakterneurose (stark pathologische Persönlichkeitsbildung und Psychosexualität) und Psychoneurosen (psychogenetisch ausgelöste Neurosen, bei der die Auslöser frühkindlich-unbewusste verdrängte Konflikte sind) liegt dieses dreigeteilte Modell zugrunde (Andrawis A, 2018).
Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei der Borderline Persönlichkeits-Organisation um frühe pathologische und intrapsychische Konflikte. Diese unterscheiden sich von einer neurotischen Persönlichkeit einerseits in der Art der intrapsychischen Konflikte, die Teil des pathologischen Bildes sind und andererseits in den strukturellen Bedingungen. Innerhalb dieser Bedingungen spiegeln sich die Konflikte wieder, sodass sich eine neurotische Persönlichkeit entwickelt. Der Urgrund liegt im Ödipuskomplex – den psychosexuellen – aggressiven Trieben aus der frühkindlichen Entwicklung. Die Borderline-Störung beeindruckt durch das Vorherrschen präödipaler Konflikte die in Zusammenhang mit psychischen Vorstellungen stehen, die mit jenen der ödipalen Phase verbunden sind.
Die trianguläre sexuelle Störung steht im Zusammenhang mit der frühen Beziehung zwischen Mutter und Kind. Triebabkömmlinge drücken sich durch orale und anale Konflikte aus, die sich durch aggressive Verhaltensmuster zeigen, deren Ursprung aus präödipalen Beziehungen stammt. Durch diese Struktur entwickeln sich Boderline-Persönlichkeiten, insbesondere durch alle verdrängten Konflikte und Traumata. Deshalb zeigen sich im Unbewussten infantile Verhaltensmuster, die in Wechselwirkung zum Ich-Zustand stehen. Diese Verhaltensmuster machen sich in Form von Abwehr durch Spaltung bemerkbar. Die Ich-Zustände spalten sich innerhalb einer primitiven ICH-ES-Matrix durch Verdrängungen ab, in welcher das Ich vom Es und vom Über-Ich differenziert wird. Die einfachen Formen der ICH-ES-Matrix gehen mit einer programmierten Spaltung und Projektion einher, wodurch das Über-Ich als paranoider Zustand bezeichnet werden kann (ebd).
Objektbeziehungstheorie
Im Jahr 1972 beschrieb M. Mahler die Objektbeziehungstheorie als Individuums- und absondernde Trennungsprozesse. Die bedeutende Zeit für die Festlegung pathologischer Symptome zu einem elterlichen Objekt ist hierfür vom zweiten bis zum vierten Lebensjahr und zeigt sich als frühere Entstehung aggressiv-psychischer Erfahrungen. So beschreiben die psychischen Theorien und Techniken, dass bei der Aktivierung früher internalisierter Objektbeziehungen und deren Verdrängungen, pathologische Übertragungen durch Affektzustände sichtbar zu erkennen sind. Diese müssen sowohl als integrierte Teil- Objektbeziehungen , als auch abgespaltene oder ganze Objektbeziehungen von früheren Übertragungsstrukturen zu der Übertragung der ödipalen Entwicklung diagnostiziert und gedeutet werden. Dies spielt eine große Rolle in der Analyse der Übertragung durch eine reaktive, vergangene, internalisierte Verdrängung der Objektbeziehung im Sinne des „Hier und Jetzt“.
Für die Analyse der Bausteine von „Ich- Über-Ich und Es“ braucht man die Übertragungsformen der internalisierten Beziehung zum Objekt, sowie deren Verdrängungen, in Verknüpfung mit phantasierten und realistisch verzerrten Objektbeziehungen. Vergangene Objektbeziehungen werden verzerrt internalisiert, und es bestehen außerdem Abwehrreaktionen mit einflussreichen Projektionen Instinkt betonter Triebimpulse.
Das wichtigste Ziel der Psychotherapie von Borderline-Patienten besteht in der vollständigen Deutung sowie auch Plausibilität, indem das Unbewusste bewusst gemacht werden muss und diese Erkenntnisse letztendlich verinnerlicht und in die Tat umgesetzt werden können (ebd.).
Die Psychoanalytische Deutung
Für die expressive Psychotherapie spielt das technische Instrument der Deutung eine wichtige Rolle für Borderline-Patienten. Die Patienten verirren sich in intellektuellen Äußerungen und vermischen zwischen innerhalb der Sitzung bewusst und unbewusst. So gibt es weder Verbindung, noch Ursache. Die frühkindlichen Verdrängungen haben Einfluss auf Übertragungsphänomene und deren Verwechslung zwischen Realität und Phantasie und deren Ursachen (ebd.).
Deutungssprache
Die Deutungssprache basiert auf drei Stufen:
- Rekonstruierung aus der biografischen Anamnese
- Die Verknüpfung zwischen Biographie und Psycho-Dynamik
III. Die Formulierung therapeutischer Pläne und Ziele aus der „Deutungs-Sprache“
Die Schwierigkeiten, denen man im therapeutischen Prozessverlauf begegnet, sind die Abwehr und der Widerstand des Patienten. Der Betroffene hat Angst. Dies wird durch die Mechanismen der Abwehr verursacht, die wiederum den therapeutischen Zielen kontraproduktiv entgegenwirken. Hierbei spielen das Urvertrauen und die Urliebe eine große Rolle. Wenn diese aus biografischen Gründen aufgrund eines frühen Ödipal-Komplexes verletzt worden sind, manifestiert sich ein Musterverhalten. Daraufhin werden in Stresssituationen persönliche Lebenskonflikte regrediert. Hier ist der Bedarf der Rekonstruierung aus der Biografie des Patienten, in Zusammenhang mit dem intrapsychischen Zustand und somit der Psycho-Dynamik, gegeben.
Durch die verbalen Deutungen, die aus hypothetisch-freien Assoziationen des Patienten entstanden sind, gründet sich die Verknüpfung und Deutung zwischen dem Bewussten und unbewussten. Wirksame Deutung ist für einen verständnisvollen Patienten sehr wichtig. Danach folgt Klärung bzw. Konfrontation auf dem Weg zum Ziel. Konfrontation, Klärung oder Interpretations- Techniken, die aus einer Sitzung oder mehreren Sitzungen erlangt wurden, sind Voraussetzungen für eine komplette Deutung (ebd.).
Psychoanalytischen Klärung
Klärung stellt die Plausibilitäten der ersten Schritte im kognitiven Deutungsprozess dar und kann sich auf verschiedene Felder beziehen, die von Therapeuten und Ärzten angesprochen werden:
– Die Äußerungen der Realität des Patienten
– Die Übertragungsphänomene
– Die Geschichte des Patienten oder der jetzigen Abwehr (ebd.).
Konfrontationstherapie
Nach der Konfrontationstherapie besteht eine Konfrontation aus zwei Schritten:
Der erste Schritt ist die Konfrontation im Deutungsprozess und geht der Klärung der Deutung voraus. Das Ziel ist die Bewusstmachung unbewusst vorhandener Konflikte.
Im zweiten Schritt konfrontiert man die Patienten im sogenannten Deutungsprozess mit ihren getrennten vorbewussten und bewussten Inhalten, um ihnen diese Inhalte als Hilfe und Hinweise auf Einzelheiten bewusst zu machen. Vor allem werden sie auf die eigene „Maske der Phantasien“ und die daraus entstehende Ablenkung von der Realität aufmerksam gemacht. Es werden die ambivalent zueinander, widersprechenden Einstellungen und Handlungen aufgezeigt und ergänzend zum Einheitsbewusstsein der Realität dargestellt. Wenn Patienten sowohl die Konfrontation, als auch die Klärung vonseiten des Therapeuten zurückgewiesen haben, kann der Therapeut sie darauf aufmerksam machen, dass die therapeutischen Beobachtungen und Klärung im sitting von den Patienten ohne nachzudenken abgelehnt wurden und diese gleichzeitig behaupteten, in der Stunde nichts gelernt zu haben (Andrawis A, 2018).
Die erweiterte Therapeutische Deutung
Der Deutung liegen Konfrontation und Klärungsansätze, mit Ziel, das Unbewusste und das Bewusste gemeinsam bewusst zu machen, zugrunde. Es dient auch der grundlegenden Angstabwehr der Ratio vom Unbewussten zum Bewusstsein. Dadurch entsteht eine Motivation für therapeutische Pläne und Ziele, um Konfliktinhalte des Unbewussten aufzulösen und die Abwehrmechanismen zu unterbrechen. Der Therapeut stellt während der Sitzungen hypothetische Deutungen fest und korrigiert und klärt Sinn und Ziele der Therapien Hierbei kann wieder auf die Metapher des Unbewussten als Grabkammer hingewiesen werden, in der alle Verdrängungen und deren infantile Verhaltensmuster, die sich in den verschiedenen Situationen als Syndrom bzw. Symptom manifestieren, etwa als Übertragungen lagern. Aus dem Depot der Grabkammer wird ein Verhaltensmuster etabliert, das unbewusst ist und auch nach außen getragen wird (ebd.).
Übertragungsphänomene
Die Erlebnisse der Übertragungen von Seiten der Patienten auf den Therapeuten gründen sich durch Wahrnehmungen, Phantasien, Affekte, die sich während der therapeutischen Interaktion zeigen. Diese Übertragungen gehen niemals vom Therapeuten, sondern immer von den Verdrängungen der Patienten durch ihre Geschichte aus.
Die Übertragungen sind unbewusste Inhalte, die im Hier und Jetzt frühere internalisierte Objektbeziehungen (im „Dort und Damals“) wiederholen. Sie werden von den Patienten oft als „realistische“ Reaktionen auf zutreffend wahrgenommene Aspekte beim Therapeuten rationalisiert. Sie sind für Patienten von den Verzerrungen zu trennen. Übertragung ist der unangemessene oder verzerrte Aspekt der Reaktion des Patienten auf den Therapeuten.“ (ebd.).
Primitive und reife Übertragungen
Die primitiven Übertragungen werden beim Patienten schnell mobilisiert, mit absoluten und extremen Verzerrungen. Im Vordergrund handelt es sich um einen Mangel des Patienten an stabilem Selbstgefühl. Er täuscht sich, weil es sich um etwas völlig anderes handelt und agiert nicht im „Hier und Jetzt“. Die Ursachen liegen in früheren verdrängten Objekten bzw. anderen Objekten und verschiedenen Situationen. Jedes Übertragungsphänomen kann ins Gegenteil kippen oder als eigene vollkommene Identität angenommen werden.
Der Therapeut empfindet diese Übertragung als verwirrend, chaotisch und auch oft bedrohlich, da es nicht möglich ist, sich darin einzufühlen. Die Bedrohung besteht darin, dass die Patienten möglicherweise die Therapie unterbrechen könnte. Wenn der Patient unbewusste Schwierigkeiten hat, reagiert er mit Abwehr. Er trägt eine Maske und sieht sie als seine subjektive Wahrheit. Dies kann man als ein infantil-destruktives Verhaltensmuster sehen, das so weit gehen kann, dass der Patient die Realität nicht akzeptieren will und nicht in der Lage ist, seine psychischen Konflikte zu überwinden. Das ist ein Grund dafür, dass der Betroffene sich zurückzieht und glaubt, dass dies für ihn der beste Weg sei.. „Primitive Formen der Übertragung handeln von Teil-Objektbeziehungen, während reife Übertragungen ganze Objektbeziehungen widerspiegeln.“ (ebd.).
Behandlung der Borderline-Persönlichkeitsstörung
Man kann die Borderline-Störung entweder mit verhaltenswissenschaftlichen oder auch mit psychoanalytischen Methoden behandeln. Beide Therapieansätze haben das Ziel, eine stabile therapeutische Beziehung aufzubauen, das psychotherapeutische Setting zu strukturieren und dort Grenzen zu setzen, wo es sonst zu selbst- bzw. fremd destruktiven Verhalten kommen könnte. Außerdem ist es legitim, jede Borderline-Behandlung auch mit Psychopharmaka zu kombinieren (Andrawis A, 2018).
Bei der schulspezifischen Ausrichtung ist zu erwähnen, dass sich einerseits die behavioralen Therapien mit strengen Denkmustern, Verhaltensweisen und Emotionen beschäftigen, während die psychodynamische Heilmethode eher den unbewussten Konflikten und innerpsychischen Strukturen Aufmerksamkeit schenken, genauer gesagt, jenen unbewussten Konflikten, die sich des Ichs nur aufgrund von Symptomen bewusst werden können, weil sie sich seiner Steuerung entziehen.
Mit der Inszenierung der inneren Konflikte während der Behandlung mit dem Psychotherapeuten oder dem Psychoanalytiker macht man sie dem Patienten bewusst und verändert sie auf diese Weise. Böker weist auf die Ansätze Fonagys für die psychodynamische Therapie hin. Andererseits gibt es auch die dialektisch-behaviorale Therapie von Marsha Linehan (1993/1996), die mit besonderem Erfolg gekrönt war. Seitdem alle drei erwähnten Arten der Therapien als störungsspezifisches Manual vorliegen, hat sich die psychoanalytische Methode weiterentwickelt und kann daher heutzutage bei einer Vielzahl an Borderline-Patienten angewendet werden (Andrawis A, 2018).
Ein wichtiger Aspekt während des therapeutischen Prozessverlaufs ist, dass die Patienten mit destruktiv-infantilen Verhaltensmustern, versuchen den Therapeuten zu kontrollieren oder dessen Bemühungen um therapeutischen Erfolg zerstören wollen. Während der Therapeut versucht, eine gemeinsame therapeutische Beziehung für die Zusammenarbeit mit den Borderline-Patienten zu finden, konzentrieren sich die Patienten auf ihre Vorurteile dem Therapeuten gegenüber und sind damit beschäftigt, vorgefasste Meinungen auf ihn zu projizieren, die von der Realität aber abweichen (ebd.).
Schwarz-Weiß-Denken
Der Therapeut wird von den Patienten als absolut gut oder absolut böse erlebt und somit von ihnen entweder idealisiert oder entwertet. Kernberg bezeichnet dieses Phänomen als „Schwarz-Weiß-Denken“, die Bezeichnung als entweder Engel oder Teufel, aufgrund verdrängter Objektbeziehungen, durch welche der Therapeut als Fremdobjekt-Repräsentant wahrgenommen wird. Beim therapeutischen Prozess gibt es einen wichtigen Aspekt zur Übertragung und Gegenübertragung: Affekte sind Übertragungen außerhalb der Realität durch Inhalte früherer Traumata, die verdrängt wurden. Diese Formen der Übertragung wiederholen sich während des Therapieprozesses immer wieder. Wenn die Patienten sich in Themen verzetteln und ihre Aussagen nicht mit ihrem Verhalten übereinstimmen, zählt nicht die Erzählung, sondern ihr Verhalten. Diese Übertragung ist ein wichtiges Kriterium für psychische Dynamik (ebd.).
Weswegen die Therapie vom Patienten abgebrochen wird
Es gibt viele Gründe, therapeutische Behandlungen seitens der Patienten abzubrechen:
1.) Eine Übertragung erscheint bei den Patienten als eine Verschiebung von Liebes- und Hassgefühlen aus frühkindlichen Verdrängungen der ursprünglichen Objekte. Diese wird von den Patienten als eine fremde Repräsentanz (Sündenbock) auf den Therapeuten übertragen.
2.) Die narzisstischen Anteile bei den Borderline-Patienten führen durch die konstante Beziehung zum Therapeuten zu einem Gefühl von Eifersucht, Neid und Konkurrenz. Diese narzisstischen Anteile empfinden sie als Angriff auf die persönliche Selbstachtung und Wahrnehmung. Sie betrachten den Erfolg des Therapeuten als ihre eigene Niederlage. Dies kann ein großes Problem darstellen, da sich die Patienten dabei noch minderwertiger und weniger intelligent als zuvor fühlen, mitunter auf andere Therapieteilnehmer eifersüchtig sind und glauben, fehl am Platz zu sein. Diese Anteile können als eine Bedrohung des therapeutischen Prozesses gesehen werden (ebd).
3.) Die Patienten verlieren sich in einer Fantasie, die sie glauben lässt, alles um sie sei ungesund, weshalb sie vor der Therapie flüchten müssen. Des Weiteren fürchten sie, vom Therapeuten abhängig werden zu können und wollen dies ebenso unterbinden. Auch weckt das Wissen über die Sorge des Therapeuten, der Patient könnte die Therapie abbrechen, Aufmerksamkeit von Seiten des Patienten, wodurch noch mehr Druck ausgeübt wird.
4.) Sobald die Betroffenen eine erste Besserung spüren, kann es dazu kommen, dass die Therapie als Aufarbeitung von psychischem Leid, frühzeitig abgebrochen wird, obwohl der Heilungsprozess noch nicht vollständig abgeschlossen ist.
5.) Die Patienten empfinden durch die Intensität der Intervalle eine Bedrohung, zu scheitern oder zu versagen.
6.) Die Patienten verlassen die Sitzung, um nicht selbst verlassen zu werden.
7.) Eine defizitäre Wahrnehmung der Patienten, die sie aus Scham glauben lässt, der Therapeut oder andere Menschen hegen sexuelle Wünsche gegenüber ihnen, die als sadistisch betrachtet werden, kann einen Grund für Therapieunterbrechung darstellen.
8.) Auch die Einflussnahme von Angehörigen bzw. Familienmitgliedern der Patienten kann auf den Verlauf der Therapien insofern Einfluss nehmen, als dass diese deren Abbruch herbeiführen wollen, damit lang bestehende Muster oder Verhaltensweisen des Patienten weiterhin aufrecht erhalten bleiben und der psychologische Gleichgewichtszustand innerhalb der Familie nicht gestört wird.
9.) Sofern sich die Patienten als Opfer fühlen und ihren Therapeuten als Verfolger wahrnehmen, tauschen sie die Rollen und verlassen den hilflosen Therapeuten.
10.) Patienten können ihren Therapeuten entweder idealisiert oder andererseits demütigend erleben. Daher glauben sie ihn zu überfordern, weil er teilweise wütend und somit inkompetent zu sein scheint. Des Weiteren glauben sie, dass der Therapeut nicht in der Lage sei, die Behandlung zu meistern und gehen quasi aus Rücksicht von der Therapie fort, damit sie ihn endlich entlasten können.
Kernberg empfiehlt für all diese Gründe, diese rechtzeitig zu erkennen und ein klärendes Gespräch mit dem Patienten zu führen (ebd.).
Zurückhalten von Informationen und das Pathologische Lüge
Während der wichtigsten Interventionen empfinden die Patienten im Falle einer Fortsetzung der Therapie, eine Bedrohung ihres Lebens, sowie des Lebens anderer Menschen. Weshalb sie dann zu Täuschungsmanövern und Ausweichmethoden in Form von Lügen greifen, kann verschiedene Ursachen haben:
- a) die Verhinderung von Vergeltung und Missbilligung des Therapeuten
- b) die Vermeidung der Auseinandersetzung mit dem möglichen Resultat, Verantwortung für ihre Aktionen übernehmen zu müssen
- c) Machtausübung und Kontrolle über den Therapeuten
- d) Die Patienten wollen mittels Lügen gegenüber dem Therapeuten Dominanz ausüben, aus dem Glauben heraus, alle Beziehungen seien ohnehin entweder ausnützend oder verfolgend.
Eine paranoide Übertragung kann zu notorischer Unehrlichkeit, Beeinflussung und Täuschung führen. Neurotische Übertragungsphänomene sind die Ursache hierfür. Weiteres können die Patienten auch glauben, ihr Therapeut sei feindselig, aggressiv und primitiv, weil der Erfolg oder das Scheitern der Therapien von der Offenheit der Kommunikation abhängt. Deshalb hat der Therapeut die Aufgabe, Lügen seiner Patienten genauso ernst zu nehmen, als würde sich der Patient selbst damit schädigen wollen (ebd.).
Psychoanalyse und Entstehung von Psychischen Störungen
Wie der Autor bereits beschrieben hat, ist die Entstehung von psychischen Störungen, durch frühkindliche Traumata, sowie genetische Risiken mit ungünstigem sozialem Umfeld begünstigt. Alle verdrängten Traumata, die niemals aufgedeckt wurden und sich im Unbewussten manifestieren, aufgedeckt und therapiert werden können, kommt es zum Ausbruch von Krankheit. Die strukturellen Mängel, insbesondere die primären und sekundären, begünstigen alle die Entstehung von verschiedenen Persönlichkeitsstörungen, wie z.B. narzisstische, schizoide und paranoide, Psychose und Borderline-Typ (ebd.).
Dies ist des Weiteren nicht verwunderlich, allerdings umso mehr beschämend.
Die Entstehung von Abhängigkeit und Bindung und die Entwicklung von früheren Ängsten, Urvertrauen und Sicherheitserleben haben nachhaltige Auswirkungen auf die psychische Gesundheit des Erwachsenen.
Wie Andrawis beschrieben haben, beginnt die Abhängigkeit eines Kindes direkt nach der Geburt unter Berücksichtigung seines sozialen Umfeldes. Aus physiologischer Sicht beginnen Angstzustände des Kindes, wenn sich die Mutter von ihm entfernt und/oder wenn ihm Fremde begegnen. Weitere können entstehen, wenn das Kind einen Verlust an Urliebe und Urvertrauen aus Missachtung des infantilen Sicherheitsgefühls und einem Bedürfnis nach Nähe nicht erfüllt.